Bayerisches Staatsorchester beim MVM
Staatsopern-Flair in der Mühlbachhalle
Hubert Hilser macht's möglich: Ensemble der Bayerischen Staatsoper im kleinen Mariazell
Schon 2014 machte ein Brass Ensemble der Berliner Philharmonie in Mariazell Station. In diesem Jahr waren es Holzbläserensembles des Bayerischen Staatsorchesters der Münchner Staatsoper, die der Musikverein Mariazell präsentierte.
Eschbronn-Mariazell. Die Vorsitzenden Joachim Schaumann und Harry Hurtz begrüßten 14 virtuose Künstler auf der Bühne und rund 400 Konzertbesucher im Saal, unter ihnen die Brüder Hubert und Georg Hilser. Freimütig gaben sie zu, dass nicht Verhandlungen oder Überzeugungsarbeit die Künstler nach Mariazell gelotst hätten, sondern sie hätten wieder ein "Ass" aus dem Ärmel ziehen zu können.
War es vor zwei Jahren Georg Hilser von der Berliner Philharmonie, der der Raumschaft ein exzellentes Konzert bescherte, so war es diesmal sein Bruder Hubert, der jahrelang als Soloklarinettist im Bayerischen Staatsorchester spielte.
Fundamentales Werk
Das von Hilser sorgsam zusammengestellte Programm enthielt Werke von der Wiener Klassik bis in die Gegenwart. Es wurde umrahmt von den sieben Sätzen der "Gran Partita B-Dur" von W. A. Mozart, die als das fundamentale Werk für Holzbläser schlechthin gilt. Bei den einleitenden drei und abschließenden vier Sätzen war das gesamte 14-köpfige Ensemble im Einsatz, während bei anderen Werken kleinere Besetzungen für viel Abwechslung sorgten.
Für den erkrankten Kontrafagottisten Gernot Friedrich war spontan Kontrabassist Andreas Riepl eingesprungen, wie die Moderatorin und Flötistin Andrea Ikker erläuterte.
Mit feierlichem Gestus wurde das Largo der Gran Partita vom Tutti des Ensembles eröffnet. Einzelstimmen wie das lachende Fagott und das fröhliche Bassetthorn wurden von der Soloklarinette im Wechsel zwischen weicher Lyrik und resoluter Kraft eingebunden. Das 1. Menuett beeindruckte durch seine straffen Läufe. Ein außergewöhnlicher Hörgenuss war das berühmte Adagio, einer der schönsten langsamen Sätze Mozarts.
Die "Suite pour quatre cors en Fa" aus der Feder des modernen französischen Komponisten Eugène Bozza begann im zarten Prelude. Fröhliche Jagdmotive mit Echoklängen aus gestopften Instrumenten kennzeichneten den Satz "La Chasse" im Galopprhythmus, bei dem das tiefe Horn die anderen zur Jagd aufzurufen schien.
Die Kantilene beim "Chanson Ansienne" der Oboe, voller Harmonie und Wohlklang, traf mitten ins Herz. Lustige Effekte begleiteten das fröhliche Thema beim Satz "Danse", während der "Choral" sehr getragen daherkam. Die "Fanfare" versetzte die Zuhörer mit ihrem strahlenden Zusammenklang in höfische Zeiten.
Horn als Gouvernante
Mit vier Sätzen präsentierte ein Quintett plus Bassklarinette beim Titel "Mladi" die Jugenderinnerungen des Komponisten Leos Janacek.
Nach der Pause erwartete die Zuhörer mit dem witzigen Titel "Die zerstreute Brillenschlange" von Wilfried Hiller ein musikalisches Märchen aus 1001 Nacht. "Schlangenbeschwörerin" Martina Beck mit Turban und Klarinette ließ sich im Schneidersitz vor einem Korb nieder, aus dem eine Brillenschlange hervorlugte. Je mehr Erzählerin Andrea Ikker schilderte, dass diese unglücklicherweise die Brille vergessen habe, desto klagender und aufgeregter wurden die Klarinettentöne. Das Tollste aber war, dass das Verschlingen des eigenen Körpers vom Schwanz bis zum Kopf durch die kurzsichtige Schlange Zug um Zug durch das Abmontieren der Klarinettenteile mit quäkenden Tönen demonstriert wurde. Der Applaus der lachenden Zuhörer war riesig.
Es folgte der 1. Satz des Konzerts Nr. 1 von Johann M. Molter, gespielt vom Solo-Klarinettist Jürgen Key. Das Werk gilt als erstes Klarinettenkonzert überhaupt. Die virtuose Solostimme mit ihren hohen, glasklaren Läufen kontrastierte mit dem sonoren Fagott.
Vor dem Hintergrund des Ensembles begeisterte die Englischhorn-Solistin Heike Steinbrecher in einmalig schöner Interpretation mit dem sonoren melancholischen Largo aus der Sinfonie "Aus der neuen Welt" von Antonin Dvorak.
Bei der Ballettsuite "Romeo und Julia" ging der Kunstgenuss auf das Konto von Hubert Hilser, der das achtsätzige Stück für ein Doppelquartett mit Oboe, Klarinette, Horn und Fagott arrangiert hatte. In moderner Tonalität zeichneten die acht Sätze ein lebendiges Stimmungsbild, in dem vor allem der tänzerische Charakter dominierte. Der bekannte letzte Satz mit der Fagott-Grundtonbegleitung, über der sich die "hellen" Instrumente mit starken Akzenten in einen lebhaften Wettstreit begaben, endete mit grandiosem Finale.
Der Kreis der ausgesuchten Werke schloss sich mit dem zweiten Teil der "Gran Partita" mit dem beschwingten Menuett im Volksmusikcharakter, der zart erblühenden Romance, fein ausgeschmückt durch zweistimmige Oboen und Klarinetten, dem "Thema con Variationi", bei dem die Klarinette das Thema vorgab, das vom Tutti der anderen Stimmen ständig in Tempo, Lautstärke, Tongeschlecht und Klangfarbe verändert wurde. Schließlich machte im abschließenden Finale ein virtuoses Rondo seine Runden.
Furioses Rondo
Am Ende des exklusiven dreieinhalbstündigen Konzerts dankte der Vorsitzende Joachim Schaumann allen Beteiligten, besonders dem "Urvater der Veranstaltung" Hubert Hilser. Namens der Holzbläser dankte Klarinettist Jürgen Key dem Initiator.
Selbstverständlich musste nach diesem Marathonkonzert noch eine Zugabe her. Die Holzbläser ließen beim "Hummelflug" von Rimsky-Korsakoff die kleinen Tierchen durch den ganzen Saal brummen und schwirren, so dass es eine wahre Freude war. Das Publikum dankte mit stehenden Ovationen und Bravo-Rufen.
Quelle: Schwarzwälder Bote