Berlin Philharmonic Brass Ensemble
Musikalisches Ereignis ersten Ranges
Eschbronn-Mariazell. Es war, gelinde gesagt, eine kulturelle Sensation ersten Ranges, das Gastspiel des Brass Ensembles der Berliner Philharmoniker in Mariazell, dem beschaulichen Ort zwischen Schwarzwald und Alb.Nur durch gute Beziehungen über das in Mariazell geborene Ensemble-Mitglied Georg Hilser ist es dem Musikverein Mariazell gelungen, dieses Event der Extra-Klasse auf die Beine zu stellen.
Georg Hilser, in jungen Jahren im Musikverein Mariazell großgeworden, kam nach einer steilen musikalischen Erfolgskarriere bereits im Jahre 1976 unter Herbert von Karajan als Trompeter zu den Berliner Philharmonikern und damit auch ins weltweit bekannte Berliner Blechbläserensemble. Für Hilser war es sozusagen ein Heimspiel, und das Publikum in der brechend voll besetzten Mühlbachhalle bereitete ihm und seinen Musikerkollegen einen stürmischen Empfang.
Nach der Begrüßung durch Joachim Schaumann und Harry Hurtz aus dem Vorstand des Musikvereins betraten die elf Musiker die Bühne – eine Frau, die Hornistin Sarah Willis, ist übrigens auch dabei, seit 2001 die erste Blechbläserin bei den Philharmonikern – und eröffneten das Programm mit feierlicher Barockmusik.
In der Suite aus Werken von G.F. Händel zeigten die Musiker ihre überaus perfekte präzise Stoßtechnik, ihre durch große Berufsmusikererfahrung ausgefeilte und ästhetisch vollkommene Intonation, ihre selbstverständliche Beherrschung barocker Stilelemente, die sorgsam ausgeführten und vorbereiteten Triller, und schließlich das dynamische Wechselspiel zwischen den einzelnen Registern, wie es die Terrassendynamik Händels vorgibt.
Vor allem der dritte Teil, "La réjouissance", dem Allegro aus der "Feuerwerksmusik", war in seiner klanglichen Deutlichkeit und Vollkommenheit ein beglückender Hörgenuss. Klaus Wallendorf, Hornist, stellte als redebegabter Moderator die einzelnen Programmblöcke vor und erbat sich, im perfekt gereimten Wort: "Ruhe in dem Gebäude für ›Jesus bleibet meine Freude‹." In weichem Legato wurden die triolisierenden Achtelketten dieses Liedes geschmeidig intoniert, und immer wieder, auf sanftem Klang, die Choralweise eingeblendet. In weichem Klang unter Dämpfereinsatz folgte der zweite Bach-Choral "Bist du bei mir".
Im nächsten Teil, der schwedischen Melodien gewidmet war, stellten sich die vier Posaunisten des Ensembles vor und brachten Bearbeitungen des dänischen Komponisten Morgens Adresen zu Gehör. Wehmütig, in tiefer Stimme, erklang die bekannte Weise "Wer kann segeln ohne Wind". Glissandi und Variationen in schnellen Staccati, auf weich abgeschrägten Harmonien, verfremdeten dieses Lied effektvoll.
Ein rätselhaft lang ausgehaltener Ton, der sich nach und nach zu mehrstimmigem Klang entfaltete, leitete zu dem Lied "Nun kommt die Blumenzeit" über und schließlich fand dieses Lieder-Medley in der Marschmelodie aus Äppelbo seinen Abschluss.
Der ungarische Musiker Tamas Velenczei spielte anschließend mit atemberaubender Virtuosität das bravouröse Trompetensolo "Dunque io son", eine Adaptation aus der Oper "Der Barbier von Sevilla" von Gioachino Rossini. Neben den rasanten 32tel-Läufen rissen die humorvollen Tempoverzögerungen und Beschleunigungen das Publikum mit.
Mit dem weich-gefühlvollen lyrischen "Chanson de Matin", aus der Feder von Edward Elgar, leiteten die Musiker in die eher moderne Ausdruckswelt der angelsächsischen Musik. Von den Posaunen, hier vorwiegend melodietragend, wurde das Liedthema wehmütig vorgestellt, in hauchdünnes Piano zurückgenommen, klanglich sensibel abgetönt. Vier Londoner Miniaturen von Gordon Langford folgten, die nun alle schon Ausdrucksmittel moderner Unterhaltungsmusik mit einbezogen: burschikose Fanfarenklänge, schnell gestoßene Melodien einer heiteren musikalischer Humoreske, schräge Glissandi auf lockeren 4/4tel Rhythmen und ein gelassen-gemütliches Skandieren, dem Ragtime nicht unähnlich. Besondere Erwähnung verdient das Tuba-Solo in der "Green-Park-Pastorale".
Eine Huldigung an "Noble Grape", also köstlich erlesener Alkoholika, war die folgende Suite von Goff Richards. Eine heitere Humoreske, perlend wie prickelnder Champagner, führte zu einer weichen Kantilene der Trompete, mundend wie ein Chablis, dann folgte ein italienisches Trinklied auf den Chianti, ein Tuba-Bravourstück beschrieb wohl einen bairischen Hock, dabei lotete der Solist auf seinem Instrument die allertiefsten Töne aus, und zum guten Schluss wurde es spanisch, wie ein Paso-Doble im mörderisch heißem Stierkampf.
Nach dem bekannten Jealousy-Tango von Jacob Gade erreichte das Programm mit der "Glenn-Miller-Story" seinen krönenden Abschluss. Da gab es ein Wiedersehen mit alten Bekannten, der "Moonlight Serenade", der "American Patrol" oder dem Bravourstück der swingenden Saxophone "In the Mood". Minutenlange stehende Ovationen nötigten das Ensemble zu Zugaben und in den abschließenden Ansprachen, sowohl von Seiten des Musikvereins, als auch von Moderator Wallendorf, spiegelte sich die herzliche Atmosphäre, die sich in diesem Konzert zwischen den Musikern von Weltruf und dem Publikum gebildet hatte.
Quelle: Schwarzwälder Bote